DIN EN 207 (Laserschutzbrillen – Einsatzschutz)
DIN EN 207 (Laserschutzbrillen – Einsatzschutz)
Was regelt DIN EN 207 – in einfach
DIN EN 207 ist die europäische Norm für Laserschutzbrillen im Einsatz (operative Nutzung). Sie fordert, dass eine Brille die tatsächliche Laserstrahlung nicht nur dämpft, sondern auch mechanisch/thermisch aushält – ohne zu schmelzen oder durchzulassen. Die Norm schreibt Prüfung, Kennzeichnung und Schutzstufen (LB
) je Wellenlänge und Betriebsart vor.
Wichtig: EN 207 beschreibt Einsatzschutz. Die verwandte EN 208 ist für Ausrichtarbeiten (Alignment) mit reduzierter, kurzzeitiger Sichtbarkeit geeignet – nicht für volle Laserleistung.
Begriffe & Grundprinzip (laienverständlich)
- Wellenlänge – z. B. 10,6 µm (CO₂), 1064 nm (Faser), 355 nm (UV).
- Betriebsart – wie der Laser strahlt:
D
(Dauerstrich/CW),I
(Einzelpuls),R
(Reihenpuls/Mehrfachpuls),M
(Mode-locked, sehr kurze Pulse). - LB-Stufe – ein geprüfter Schutzgrad (
LB1
bis ca.LB10
): je höher, desto mehr Leistung/Energie darf anliegen, ohne dass gefährliche Strahlung durchkommt oder die Brille versagt.
Eine Laserschutzbrille ist nur dann „passend“, wenn alle drei zusammenpassen: Wellenlänge ✔, Betriebsart ✔, ausreichende LB-Stufe ✔.
So liest du die Kennzeichnung (Beispiel)
Auf jeder EN-207-Brille steht eine Zeile wie z. B.:
190–540 D LB6 | 800–1100 D LB5 + 1064 I LB6 | 9000–11000 D LB7
Das bedeutet:
- Wellenlängenbereich: z. B.
9000–11000
(für 10,6 µm CO₂) - Betriebsart-Buchstabe:
D
,I
,R
,M
- LB-Stufe: z. B.
LB7
(hoher Schutzgrad)
Viele Brillen decken mehrere Bereiche ab (Multiline-Beschriftung). Du wählst immer die Zeile, die zu deinem Laser passt.
Unterschied EN 207 vs. EN 208 (wichtig!)
- EN 207 = Einsatzschutz bei voller Laserleistung. Brille muss Strahlung audauernd aushalten (thermisch) und ausreichend dämpfen.
- EN 208 = Ausrichtschutz (Alignment) für reduzierte Leistung: erlaubt ein kontrolliertes Sehen des Strahls, ist aber kein Schutz gegen volle Leistung.
Für Produktion, Gravur, Schneiden etc. brauchst du i. d. R. EN 207.
Betriebsarten-Buchstaben (D, I, R, M) – einfach erklärt
- D – Dauerstrich (CW), z. B. CO₂-Schneider, viele Faser-Dauerlaseranwendungen.
- I – Einzelpuls (nicht-repetitiv, Pulsdauer im ns–ms-Bereich).
- R – Reihenpuls (wiederkehrende Pulse, z. B. kHz-Markieren).
- M – Mode-locked, extrem kurze Pulse (ps/fs-Bereich, sehr hohe Spitzenleistungen).
Die Buchstaben sind wichtig, weil kurze Pulse die Spitzenleistung stark erhöhen und andere Grenzwerte erfordern.
Auswahl in 5 Schritten (Praxis-Checkliste)
- Wellenlänge klären: CO₂ = 10 600 nm, Faser = 1064 nm (Grundwelle), UV-DPSS = 355 nm, u. a.
- Betriebsart bestimmen: CW (D) vs. gepulst (I/R/M). Bei MOPA/Faser oft R (Reihenpuls).
- Leistung/Energie & Strahldurchmesser berücksichtigen
- Hersteller-Tabelle/Kalkulator nutzen, um die benötigte LB-Stufe zu finden (Konfiguration ergibt sich aus Leistung/Energie, Pulsdauer, Spotgröße).
- Komfort & Sicht prüfen: Sichtfeld, Transmission (VLT), Farbe, Kratzschutz, Passform mit Alltagsbrille/Helm.
Tipp: Bei mehreren Wellenlängen (z. B. 1064 nm + 532 nm beim ausgerichteten DPSS/SHG) eine Multiwellenlängen-Brille auswählen.
Beispiele (Richtwerte – immer Herstellerdaten nutzen!)
- CO₂-Laser 10,6 µm (CW, D): Suche nach Bereich
9000–11000 D
mit passenderLB-Stufe
(z. B. LB6–LB7 je nach Leistung/Strahlgröße). - Faserlaser 1064 nm (gepulst, R/I): Kennzeichnung z. B.
800–1100 R LB6
+ ggf.1064 I LB…
. Für Hochleistung/Tiefengravur oft höhere LB nötig. - UV 355 nm (gepulst, R/I): Bereich
315–400 R/I
mit passender LB-Stufe; UV-Optiken mit hoher Dämpfung und guter Transmission im Sichtbaren sind rar – Sicht kann farbstichig sein.
Diese Beispiele ersetzen keine Berechnung – sie zeigen nur die Logik der Auswahl.
Materialien & Bauarten
- Polymerfilter: leicht, oft günstiger, große Sichtscheiben; können durch UV/Hitze altern (Verfärbung). Kratzfestigkeit beachten.
- Glasfilter: sehr stabil, gute Beständigkeit, oft schwerer; teils bessere optische Qualität/Haltbarkeit.
- Beschichtete/Mehrlagen-Filter: selektive Dämpfung (z. B. nur 1064 nm stark), hohe Transmission im Sichtbaren möglich; empfindlicher gegen Kratzer.
Wähle nach Schutzbedarf, Tragedauer und Arbeitsumgebung (Staub, Funken, Chemikalien).
Kennzeichnung & Rechtliches (CE, PSA, Doku)
- CE-Kennzeichnung als Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gemäß Verordnung (EU) 2016/425.
- EN-207-Markierung mit Wellenlängenbereich, Betriebsart-Buchstaben und LB-Stufen; Hersteller, Modell, Serien-/Chargennummer.
- Dokumentation: Konformitätserklärung, Anleitung, Pflege-/Reinigungsangaben, Ersatzteile (Seitenschutz, Kopfband).
Für den Betrieb am Arbeitsplatz gelten zusätzlich OStrV/TROS (optische Strahlung) und DGUV-Vorgaben – siehe Laserklasse und [[Emissionsschutz (Arbeitsschutz in Deutschland)]].
Pflege, Prüfung, Lebensdauer
- Vor jeder Benutzung prüfen: Risse, Kratzer, Beschichtungsfehler, Sitz. Beschädigte Brillen sofort außer Betrieb.
- Reinigung: Nur empfohlene Mittel (z. B. dest. Wasser/Isopropanol, Linsen-Tücher). Keine aggressiven Lösemittel.
- Lagerung: Staubfrei, trocken, dunkel; Etui nutzen. UV/Hitze beschleunigt Alterung (insb. Polymerfilter).
- Dokumentieren: Zuteilung, Prüfintervalle, Vorfälle (z. B. Treffer/Anschmoren).
Häufige Fehler (und wie man sie vermeidet)
- Nur „OD“/Dämpfung betrachten: EN-207 fordert Einsatzfestigkeit – reine optische Dichte aus Datenblättern (OD) reicht nicht.
- Falsche Wellenlänge: „IR-Brille“ gegen CO₂ (10,6 µm) funktioniert oft nicht. Immer auf den angegebenen Bereich achten!
- Falsche Betriebsart: Brille nur für
D
(CW) gekauft, aber gepulst gearbeitet → unzureichend. - Billigware ohne klare EN-207-Zeile: Ohne eindeutige
Bereich + Buchstabe + LB
ist die Eignung unklar – nicht verwenden. - EN-208 statt EN-207: Alignment-Brille ≠ Einsatzschutz. Nur für Justage, nicht für Produktion.
Kurz zusammengefasst
DIN EN 207 legt fest, wie Laserschutzbrillen für den Einsatz geprüft, gekennzeichnet und ausgewählt werden: Wellenlänge + Betriebsart (D/I/R/M) + passende LB-Stufe. Lies die Kennzeichnung wie eine Formel und vergleiche sie mit deinem Laser. Für Justage gibt es EN 208 – für die Arbeit mit voller Leistung brauchst du EN 207. Qualität, korrekte Kennzeichnung und guter Zustand der Brille sind lebenswichtig.