EN 60825 (Sicherheit von Lasereinrichtungen)

EN 60825 (Sicherheit von Lasereinrichtungen)

EN 60825 (Sicherheit von Lasereinrichtungen)

Was ist EN 60825 – in einfach

EN 60825 ist die europäische Fassung der internationalen Norm IEC 60825 zur Sicherheit von Laserprodukten. Wichtigster Teil ist EN 60825-1: Sie legt fest, wie Laser klassifiziert werden (Gefährdungsstufen), welche Warnhinweise/Etiketten nötig sind, welche Schutzmaßnahmen Geräte haben müssen (z. B. Gehäuse/Interlocks) und wie geprüft wird.

Die Norm gilt für Laser von 180 nm bis 1 mm Wellenlänge – also UV, sichtbares Licht, NIR/IR bis weit ins Infrarote. Sie beschreibt Produktanforderungen (Hersteller) und liefert eine Grundlage für betrieblichen Schutz (Betreiber).

Welche Teile sind relevant?

  • EN 60825-1: Geräteklassifizierung und Anforderungen (Kernnorm für alle Laserprodukte).
  • EN 60825-2: Sicherheit optischer Freistrahl-/Faser-Kommunikationssysteme (Telekommunikation).
  • EN 60825-12: Sicherheit für Freiraum-Übertragung (z. B. Datenübertragung per Laser durch die Luft).

Für Verbraucherprodukte gibt es zusätzlich die EN 50689 (ergänzende Anforderungen/Begrenzungen für Consumer-Laser, z. B. Laserpointer). Die Änderung A11:2021 der EN 60825-1 präzisiert u. a. Prüf-/Klassifizierungsdetails und Labeling und ist seit 2023 in der EU harmonisiert.

Die Laserklassen (Überblick für Laien)

Klasse Einfach erklärt Typische Beispiele
1 Bei normaler Nutzung sicher – auch bei Langzeitbetrachtung. Oft durch Gehäuse oder sehr geringe Leistung. Voll eingehauste Systeme (Klasse-1-Produkt), CD/DVD-Player, viele Industrielaser in geschlossenen Kabinen.
1C Spezieller Anwendungsfall mit kontrolliertem Hautkontakt (C = contact), z. B. Kosmetik/Medizin; zusätzliche Bedingungen. Spezielle medizinische/dermale Geräte (selten im Hobby/Industriealltag).
1M Wie Klasse 1, aber nur ohne Optik sicher. Durch Fernglas/Lupe kann es gefährlicher werden. Weitwinkel-/Faser-Austritte, Ausrichtlaser mit großem Strahldurchmesser.
2 Sichtbares Licht. Kurzer Blick (Lidschlussreflex < 0,25 s) ist ok – absichtliches Hineinschauen verboten. Laser-Nivelliergeräte, Ausrichtlaser im sichtbaren Bereich.
2M Wie Klasse 2, aber mit Optik (Fernglas, Lupe) gefährlich. Weitwinkel-Zeigelaser, große Divergenz.
3R Etwas riskanter als 2; direkte Augenexposition gefährlich. Anforderungen an sichere Nutzung steigen. Stärkere Zeige-/Ausrichtlaser, einige Vermessungslaser.
3B Direkter Blick in den Strahl gefährlich, diffuse Reflexionen meist ungefährlich (abhängig von Leistung/Abstand). Viele offene Labor- oder Bearbeitungslaser niedriger bis mittlerer Leistung.
4 Höchste Klasse: gefährlich auch bei diffusen Reflexionen; kann Haut verbrennen und Brände verursachen. Schneid-/Schweißlaser, Hochleistungssysteme.

Die Klasse ergibt sich aus den Accessible Emission Limits (AEL), also Grenzwerten, wie viel Strahlung zugänglich sein darf. Die Norm beschreibt genau, wie gemessen wird (Zeitfenster, Wellenlänge, Puls/DAUER, Öffnungsdurchmesser).

Herstellerpflichten (Produktseite)

  • Klassifizierung nach EN 60825-1 (inkl. Dokumentation der Prüfbedingungen).
  • Schutz durch Konstruktion: Gehäuse, Interlocks (Türkontakte), Schlüsselschalter, Emissionswarnanzeige, Verriegelungen, Not-Aus – je nach Klasse/Verwendung.
  • Warnkennzeichnung: Einheitliche gelbe Warnlabels, Klassenschild, Wellenlänge, maximale Ausgangsleistung/Strahlungsparameter, Piktogramme, ggf. Laser-Apertur-Markierung.
  • Benutzerinformationen: Bedienungsanleitung mit Warnhinweisen, Aufstell-/Betriebsbedingungen, Wartung, PSA-Hinweisen, Strahlengang/Apertur, Klasse, Interlocks.
  • Risikominderung: Soweit möglich, Klasse 1 durch Einhausung anstreben (viele Industrielaser sind außen Klasse-1-Produkte).

Betreiberpflichten (Werkstatt/Unternehmen)

  • Einhausung & Interlocks nutzen (Haube zu = Laserfreigabe). Niemals verriegelte Schalter überbrücken.
  • Gefährdungsbeurteilung erstellen (Material, Leistung, Klasse, Streustrahlung, Prozessnebenprodukte → [[Emissionsschutz (Arbeitsschutz in Deutschland)|Emissionsschutz]] beachten).
  • Beschilderung des Bereichs, Zutrittsregelung, Unterweisung und passende Laserschutzbrille pro Wellenlänge/Klasse.
  • Wartung: Optiken, Interlocks, Not-Aus regelmäßig prüfen; Labels lesbar halten.
  • Zusammenhang mit deutschem Recht: Am Arbeitsplatz gelten zusätzlich OStrV/TROS (optische Strahlung), DGUV-Regeln, ArbSchG/GefStoffV (für Rauch/Emissionen) – EN 60825 liefert die Produktsicherheit, der Betrieb muss trotzdem sicher organisiert werden (siehe Laserklasse und [[Emissionsschutz (Arbeitsschutz in Deutschland)]].)

Wichtige Änderungen: EN 60825-1:2014 + A11:2021 (Kurzüberblick)

  • Präzisierte Prüf-/Klassifizierungsregeln (z. B. bei 1250–1400 nm, Messöffnungen/Zeiten).
  • Schutzgehäuse: Betonung, dass keine Strahlung oberhalb AEL Klasse 1 zugänglich sein darf.
  • Labeling/Benutzerinfos: Konkretisierte Anforderungen an Etiketten, Warnungen und Handbuchangaben.
  • Harmonisierung in der EU: Seit Juni 2023 wird die Konformität in der EU gegenüber der niedergelegten A11-Fassung vermutet (CE-Kontext/LVD, je nach Produkt).
  • Verbraucherlaser: Parallel erschien EN 50689 mit Zusätzen/Begrenzungen für Consumer-Laser (z. B. Laserpointer).

Praxis: Was bedeutet das für dich?

  • Kauf: Achte auf korrekte Klassendeklaration (1/1M/2/2M/3R/3B/4), Warnlabel, Wellenlänge/Leistung und vollständige Anleitung. Unseriöse Anbieter sparen oft genau daran.
  • Umbau/DIY: Sobald du Gehäuse öffnest oder Lasermodule tauschst, kann aus einem Klasse-1-Produkt schnell ein offenes Klasse-4-System. Dann gelten höhere Schutzanforderungen (Einhausung, Interlocks, PSA, Bereichssicherung).
  • Industrie: Ziel ist außen Klasse 1 (geschlossene Kabine). Innen kann ein Klasse-4-Prozess laufen – aber niemand hat Zugriff.
  • Dokumente: Labels, Anleitung, Risikobeurteilung und Prüfprotokolle sauber ablegen – sie belegen die Konformität und helfen bei Audits/Inspektionen.

Häufige Missverständnisse

  • „Klasse 1 ist immer harmlos.“ Nur als Produkt und bei normaler Nutzung. Öffnest du das Gehäuse, kann innen ein Hochleistungslaser arbeiten.
  • „3R ist fast wie 2.“ Nein – 3R ist gefährlich bei direktem Blick in den Strahl. Unterschiedliche Grenzwerte!
  • „Labels sind Deko.“ Nein – sie sind verpflichtend und enthalten wichtige Informationen (Wellenlänge, Leistung, Klasse, Apertur).
  • „Nur die Klasse zählt.“ Auch Wellenlänge und Pulsdauer entscheiden über Gefahr (Augen vs. Haut, Fokus/Fernwirkung).

Checkliste: Schnelltest für ein sicheres Laserprodukt

  • Ist die Klasse klar angegeben (1/1M/2/2M/3R/3B/4/1C)?
  • Sind Warnzeichen/Etiketten korrekt angebracht (gelb/schwarz, Klasse, Wellenlänge, Leistung, Apertur)?
  • Gibt es Benutzerinformationen mit Sicherheitskapitel (Interlocks, PSA, Wartung)?
  • Ist das Gehäuse so ausgelegt, dass außen max. Klasse-1-Emission zugänglich ist?
  • Gibt es Interlocks und funktioniert der Not-Aus?

Kurz zusammengefasst

EN 60825 ist die Grundnorm für Laserprodukte. Sie definiert die Laserklassen, die Pflichten für Hersteller (Klassifizierung, Gehäuse, Labels, Anleitung) und liefert die Basis, damit Betreiber mit zusätzlichen Regeln (z. B. OStrV/TROS, DGUV) sicher arbeiten können. Für Verbrauchergeräte gelten ergänzend EN 50689. Wer Produkte kauft, baut oder betreibt, sollte die Klasse verstehen, Warnhinweise beachten und die Anlage so nutzen, dass außen Klasse 1 erreicht wird.

Quellen

  1. BSI – EN 60825-1:2014+A11:2021 Übersicht
  2. UL – Überblick zu EN 60825-1 A11:2021 & EN 50689
  3. Lasermet – Klassenübersicht (1, 1M, 2, 2M, 3R, 3B, 4)
  4. InCompliance – Laser-Labeling gemäß IEC/EN 60825-1
  5. Z-LASER – Laserklassen nach DIN EN 60825-1

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