Frequenz beim Faserlaser verstehen – Technik, Physik und Praxis richtig erklärt

Warum Frequenz beim Faserlaser so entscheidend ist

Die Frequenz ist beim Faserlaser für viele Anwender die verwirrendste Einstellung überhaupt. Der Hauptgrund: In der CO₂- oder Diodenlaserwelt muss man diese Größe schlicht nicht „denken“. Dort arbeiten die Laser in der Regel im Dauerstrichbetrieb. Beim Faserlaser ist das anders – und zwar grundlegend.

Ein Faserlaser arbeitet gepulst. Genau deshalb ist die Frequenz keine theoretische Spielerei, sondern eine der wichtigsten Stellgrößen überhaupt. Sie beeinflusst direkt, wie der Laser mit dem Material interagiert und entscheidet maßgeblich darüber, ob ein Ergebnis eher aggressiv, rau und abtragend oder glatt, fein und thermisch geprägt ausfällt.

Im Kern verändert die Frequenz zwei physikalische Dinge:

  • die Energie eines einzelnen Laserpulses
  • die zeitliche und räumliche Dichte der Pulse auf der Oberfläche

Wer diese beiden Effekte versteht, versteht Frequenz.


Was bedeutet Frequenz beim Faserlaser?

Die Frequenz beschreibt die Anzahl der Laserpulse pro Sekunde.
Im Laserkontext wird sie in Kilohertz (kHz) angegeben.

  • 1 kHz entspricht 1.000 Pulsen pro Sekunde
  • 50 kHz entsprechen 50.000 Pulsen pro Sekunde
  • 100 kHz entsprechen 100.000 Pulsen pro Sekunde

Wenn du in LightBurn in das Frequenzfeld den Wert 50 einträgst, forderst du also 50.000 Pulse pro Sekunde von deinem Laser an.

Eine einfache Merkhilfe lautet:

Frequenzwert × 1.000 = Pulse pro Sekunde

Das ist keine Softwarebesonderheit, sondern eine grundlegende physikalische Eigenschaft gepulster Laserquellen.


Warum Faserlaser gepulst arbeiten

Ein Faserlaser erzeugt keinen kontinuierlichen Strahl. Stattdessen lädt das System Energie auf und entlädt sie in extrem kurzen, hochenergetischen Impulsen. Dieser Vorgang wiederholt sich sehr schnell.

Für das menschliche Auge wirkt das wie ein dauerhafter Strahl. Technisch betrachtet handelt es sich jedoch um eine Abfolge einzelner Pulse:

Puls – Pause – Puls – Pause

Die Frequenz gibt exakt an, wie oft dieser Lade-/Entladezyklus innerhalb einer Sekunde stattfindet.

Genau hier unterscheidet sich der Faserlaser grundlegend von CO₂- oder Diodenlasern – und genau deshalb ist die Frequenz so wichtig.


Welche Frequenzen sind überhaupt möglich?

Der einstellbare Frequenzbereich hängt direkt von der verwendeten Laserquelle ab.

Non-MOPA / Q-Switched Faserlaser

Diese Laser verfügen über ein relativ enges Frequenzband, typischerweise zum Beispiel:

  • 20–80 kHz
  • 50–100 kHz
  • 20–100 kHz

Die genauen Werte hängen von Hersteller, Modell und Leistungsstufe ab. Der begrenzte Frequenzbereich schränkt die Flexibilität ein, macht diese Laser aber oft günstiger.

MOPA-Faserlaser

MOPA-Laser bieten einen deutlich erweiterten Frequenzbereich, häufig:

  • ab ca. 1 kHz
  • bis 1.000 kHz, 2.000 kHz oder sogar 4.000 kHz

Dieser große Stellbereich ist einer der Hauptgründe für den höheren Preis von MOPA-Lasern. Er ermöglicht eine wesentlich feinere Kontrolle über Energieeintrag, Oberflächenstruktur und thermische Effekte.


Die zwei entscheidenden Effekte der Frequenz

1. Energie pro Puls

Die eingestellte Laserleistung beschreibt eine mittlere Leistung über die Zeit, nicht die Leistung eines einzelnen Pulses.

Vereinfacht gilt:

Pulsenergie ≈ mittlere Leistung ÷ Frequenz

Das bedeutet:

  • Bei niedriger Frequenz gibt es weniger Pulse pro Sekunde → mehr Energie pro Puls
  • Bei hoher Frequenz gibt es mehr Pulse pro Sekunde → weniger Energie pro Puls

Ein häufiger Denkfehler lautet:
„Ich habe 50 Watt und 50 kHz, also hat jeder Puls 50 Watt.“

Das ist falsch. Die 50 Watt sind eine zeitliche Mittelgröße. Sie werden auf alle Pulse dieser Sekunde verteilt.

Wichtig: Diese Betrachtung ist eine Näherung. Die tatsächliche Wirkung eines Pulses hängt zusätzlich stark von der Pulsdauer ab – genau hier spielt die MOPA-Technik ihre große Stärke aus.


2. Pulsdichte und Überlappung

Oft wird gesagt: „Hohe Frequenz bedeutet mehr Überlappung.“
Das ist nur teilweise richtig.

In der Praxis entsteht Überlappung nicht allein durch die Frequenz, sondern durch das Zusammenspiel aus:

  • Frequenz
  • Geschwindigkeit
  • Spotgröße
  • Linienabstand (DPI / Line Interval)

Entscheidend ist, wie viele Pulse tatsächlich pro Millimeter Material landen.

Man kann sich das so vorstellen:
Hohe Frequenz ermöglicht eine hohe Pulsdichte – erzwingt sie aber nicht automatisch. Erst wenn Bewegung, Linienabstand und Spotgröße dazu passen, entsteht echte Überlappung im Material.


Was macht Frequenz mit dem Material?

Niedrige Frequenz

Bei niedrigen Frequenzen treffen weniger, aber energiereichere Pulse auf das Material. Bei gleichen Bewegungsparametern bedeutet das:

  • aggressiverer Materialabtrag
  • stärkere Kraterbildung
  • rauere Oberflächen

Zwischen den Pulsen bleibt zudem etwas mehr Zeit, um Wärme abzuführen. Das begünstigt abtragende Prozesse, führt aber oft zu einer sichtbar „körnigen“ Oberfläche.

Hohe Frequenz

Bei hohen Frequenzen treffen sehr viele energieärmere Pulse in kurzer Zeit auf die Oberfläche. Dadurch entsteht ein gleichmäßigerer, thermisch geprägter Energieeintrag:

  • Glättung der Oberfläche
  • Schmelz- und Poliereffekte
  • feines Markieren
  • Anlassen (Annealing) und Farbmarkierung, z. B. auf Edelstahl

Bei der Farbmarkierung wird kaum Material abgetragen. Stattdessen entstehen durch kontrollierten Wärmeeintrag Oxidschichten, die das Licht unterschiedlich reflektieren und Farben sichtbar machen.


Die Hammer-Analogie – richtig verstanden

Häufig wird folgende Analogie verwendet:

  • niedrige Frequenz = Vorschlaghammer
  • hohe Frequenz = kleiner Finishing-Hammer

Das Bild ist gut – aber unvollständig. Entscheidend ist nicht nur die Größe des Hammers, sondern auch das Tempo und die Pausen:

  • Vorschlaghammer: Bumm … Pause … Bumm … Pause
  • Finishing-Hammer: tack tack tack tack tack

Genau diese Kombination aus Schlagstärke und Schlagdichte beschreibt, was Frequenz in der Praxis wirklich macht.


Praxisbeispiel: Münzgravur mit variabler Frequenz

Um die Wirkung der Frequenz greifbar zu machen, betrachten wir ein konkretes Beispiel: eine Münzgravur in LightBurn mit einem 60-W-JPT-MOPA-Faserlaser.

Grundsetup

  • Geschwindigkeit: 2.000 mm/s
  • Leistung: 80 %
  • DPI: 900
  • Bildmodus: 3D Slice
  • Scanwinkel: 45°
  • Durchgänge: 256

Zusätzlich läuft ein Cleanup-Pass:

  • Geschwindigkeit: 3.200 mm/s
  • Leistung: 25 %
  • Frequenz: 100 kHz
  • Ausführung: alle 8 Durchgänge

Der Cleanup-Pass ist bei allen Proben identisch, um den Vergleich fair zu halten.


Münze 1 – niedrige Frequenz (48 kHz)

Für den Low-Frequenz-Test wird bewusst kein extrem niedriger Wert gewählt. Der Grund: Viele MOPA-Quellen liefern unterhalb bestimmter Frequenzen nicht mehr stabil die volle Leistung und regeln intern herunter – obwohl in der Software noch „80 %“ steht.

Um eine saubere Vergleichsbasis zu haben, wird ein Wert gewählt, bei dem die Quelle stabil arbeitet. In diesem Beispiel sind das 48 kHz.

Ergebnis:

  • sehr aggressiver Abtrag
  • deutlich raue, „texturartige“ Oberfläche
  • hohe Detailtiefe, aber viel Unruhe

Münze 2 – mittlere Frequenz (80 kHz)

Alle Parameter bleiben gleich, nur die Frequenz wird auf 80 kHz erhöht.

Ergebnis:

  • deutlich ruhigere Oberfläche
  • immer noch guter Abtrag
  • sichtbarer Mittelweg zwischen Tiefe und Glätte

Für viele Anwendungen ist dieser Bereich ein sehr guter Kompromiss.


Münze 3 – hohe Frequenz (200 kHz)

Erneut bleiben alle Parameter gleich, die Frequenz wird auf 200 kHz gesetzt. Der Cleanup-Pass wird logisch angepasst und auf 300 kHz erhöht, da er glätten soll.

Ergebnis:

  • sehr glatte, fast polierte Hintergrundflächen
  • weniger sichtbare Textur
  • überraschend ähnliche Tiefe wie bei niedrigeren Frequenzen

Hier zeigt sich deutlich: Frequenz verändert vor allem den Look, nicht zwangsläufig die maximale Tiefe.


Die wichtigste Erkenntnis

Ein weit verbreiteter Irrglaube lautet:

„Niedrige Frequenz = viel Tiefe, hohe Frequenz = keine Gravur.“

Die Praxis zeigt etwas anderes:

  • Frequenz bestimmt vor allem Oberflächencharakter und Detailwirkung
  • Tiefe entsteht primär durch:
    • Energie pro Fläche
    • Geschwindigkeit
    • Fokus
    • Anzahl der Durchgänge

Frequenz ist kein Tiefenregler – sie ist ein Werkzeug zur Formung der Oberfläche.


Fazit: Frequenz richtig „fühlen“

Wenn du dir nur drei Dinge merken willst, dann diese:

  1. Niedrige Frequenz → stärkere Einzelpulse, geringere Pulsdichte → aggressiv, rau
  2. Hohe Frequenz → hohe Pulsdichte, mehr Wärmeeintrag → glatt, fein, anneal-fähig
  3. MOPA-Laser erfordern Aufmerksamkeit bei niedrigen Frequenzen, da Leistungsbegrenzungen sonst den Vergleich verfälschen

Wer Frequenz versteht, hört auf zu raten – und beginnt, gezielt zu gestalten.

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